In der Nacht zum Donnerstag startet der Privatsender ProSieben MAXX um 0:00 Uhr mit der CS:GO-Berichterstattung über die ELEAGUE. Spannend ist das Ganze gerade, weil
die Zusammenfassung des Wettbewerbs, moderiert von Casterlegende Matthias ‚Knochen‘ Remmert, nicht als Stream, sondern im regulären und linearen Programm
des Senders ausgestrahlt wird. Damit wird ein großer Schritt der Esportberichterstattung in Richtung Mainstream gemacht, denn bisher wirkte die Coverage verschiedenster Titel als böhmisches Dorf, welches man am besten gar nicht erst betritt.
Doch nun gibt es einen Kurswechsel. Activision Blizzard will ein eigenes „ESPN für den Esport“ launchen und hat mit der Übernahme der Major League Gaming (MLG) den Weg dafür geebnet. Die ESL wagte ebenfalls den Schritt ins lineare Fernsehen. In Skandinavien und dem Baltikum geht ein unternehmenseigener Sender an den Start, der 24/7 über den Esport berichtet. PR-Manager Christopher Flato sagte vor vier Wochen im Gespräch mit escene.de: „Unser erklärtes Ziel ist es, jeden Gamer auf der Welt zu erreichen. Und da kommt man am Fernsehen nicht dran vorbei.“ Das Programm soll in der Zukunft weltweit ausgestrahlt werden, Gespräche für andere Länder sind bereits am laufen.
Das deutsche CS-Trio für die ELEAGUE bei ProSieben MAXX
Parallel bleibe die Zusammenarbeit mit den Streamingpartnern wie Twitch, Azubu und Hitbox aber bestehen. Auch ProSieben hat eine Koexistenz von Web und TV organisiert. Für die Coverage hat man sich das Team von 99Damage dazugeholt. Über den sendereigenen Twitchchannel liefen bereits Livecasts zu den bisherigen Spielen der ELEAGUE. Der Grund für diese Lösung ist natürlich die Übertragung von Livematches. „Wenn man kontinuierlich Livespiele überträgt, kann man nicht mit viel Spielraum rechnen. Wenn das Finale dann mal zwei oder drei Stunden länger geht, was im Esport ja gut möglich ist, dann kann das lineare TV damit nicht so gut umgehen“, erklärt Flato die Situation bei der ESL, wo das komplette Tagesprogramm des Senders dem Esport gewidmet ist: „Um das Programm nicht kürzen zu müssen oder andere restriktive Maßnahmen durchzuführen, haben wir kurzerhand unseren eigenen TV-Kanal ins Leben gerufen.“
„Mutig, aber nicht notwendig“
Es gab schon Versuche, die „nicht sonderlich gut geklappt haben. Der Start des 24/7-Senders ist auf keinen Fall ein notwendiger Schritt. Aber er ist mutig, denn sowas hat es bisher im Fernsehen nicht gegeben“, führt er weiter aus: „Nachteile gegenüber der Übertragung von traditionellen Sportarten hat der Esport nicht. Die Eigenarten machen den Esport anders, es macht ihn spannender, aber eben auch unberechenbar. Aber gerade für den linearen TV-Betrieb, ist das Unberechenbare natürlich von großen Stellenwert.“
In Amerika übernimmt Turner Sports die Übertragung der ELEAGUE. Ein Medienkonzern, der auf viel Erfahrung, zum Beispiel durch die Übertragung der Basketballliga NBA, zurückblicken kann. Richard Lewis, der als Host die Coverage begleitet, sagte in einem Interview bei HLTV.org, Turner respektiere den Esport und sei willig zu lernen. So sei es möglich, auch neue Zielgruppen zu erschließen. Natürlich versucht Lewis, seinen Arbeitgeber gut aussehen zu lassen, doch bereits die erste Woche der ELEAGUE hat bewiesen, dass die Produktionsfirma mit dem Sport umzugehen weiß. Auch Producer Jason ‚Alchemist‘ Baker bestätigte das Interesse an der neuen Materie: „Es ist ein konstanter Prozess, bei dem Turner lernt, wie ‚wir‘ es machen.“
Und das spiegelt sich auch in den Zahlen wider: Zur Primetime erreichte die Ligacoverage bei der Übertragung des Finales von Gruppe A (Luminosity gegen Cloud9) auf dem amerikanischen Sender TBS bis zu einer halben Million Zuschauer. Eine 1,4 Millionen US-Dollar schwere Liga lässt sich gut vermarkten und CS:GO bietet durch eine junge Zielgruppe natürlich einen besonderen Markt, der sich lohnen kann.
Respekt ist der Schlüssel
Den Respekt gegenüber dem Spielen zu wahren, ist dabei der Schlüssel. Ein Fiasko wie bei der Championship Gaming Series (CGS) 2007, wo es ein Draftingsystem für Spieler gab und Mannschaften in Franchises eingeordnet wurden, soll es nicht werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Akzeptanz der Spielregeln und der Community. Bei anderen Sportarten wie Badminton oder Volleyball hat man in der Vergangenheit zugunsten der Attraktivität das Punktesystem angepasst. Für ESL-Mann Flato auch ein wichtiger Punkt für den hauseigenen Sender: „Wir haben das bei anderen Sportarten, die zurechtgestutzt werden, damit sie zeitlich einkalkulierbar und übertragbar sind, erlebt. Das wollen wir beim Esport so nicht machen.“
Nun ist die Auswahl der zu übertragenden Spiele ein entscheidender Faktor. Spiele wie FIFA, wo es in dieser Saison eine Coverage der virtuellen Bundesliga beim deutschen Bezahlsender Sky gab, und Counter-Strike, wo das Spielprinzip auch für neutrale Zuschauer leicht verständlich ist, gestatten einen leichteren Zugang. Bei MOBAs wie League of Legends und Dota2 ist das ein wenig komplizierter, da man ohne eigene Spielerfahrung zunächst wenig versteht. In Südkorea ist Starcraft aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenken, doch dort hat man auch eine andere Esportkultur. In Deutschland wurden beim Sportsender Eurosport zum Beispiel nur kurzzeitig die Intel Extreme Masters mit der kompletten Esportpalette als Recap übertragen.
Dennoch sollen nicht aufgrund des besseren Verständnisses, Spiele, die keine große Community haben, in den Fokus der Esportübertragungen rücken. „Wir als ESL versuchen nicht, Spiele zu pushen, die einfacher zu verstehen sind. Wir versuchen, Spiele zu fördern, die von der Community gerne gesehen werden. Das hat bei Counter-Strike, LoL, Dota und StarCraft bis zum Megaevent geführt, bei dem wir Hallen füllen können. Aber auch andere Spiele sind da auf einem guten Weg“, macht Flato klar.
Mit Fachwissen in den Mainstream
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Weg des Esports ins lineare Fernsehen mit einigen Problemen zu kämpfen hat, die geklärt werden müssen. Klar ist, dass Livematches wohl weiter die Seltenheit im TV bilden werden, denn auch ProSieben MAXX geht mit einer Recap-Sendung über den Äther. Große Livespiele wird es in Deutschland wohl vorerst nur über Streamingapps geben, bis reine Esportsender, wie der der ESL hierzulande Fuß fassen können. Für Sender, die den Esport ins Programm aufnehmen wollen, ist es unabdingbar, dabei die Gesetzmäßigkeiten zu achten und sich fachkundiges Personal wie eben 99Damage oder Richard Lewis an Bord zu holen.
Über die Fernsehberichterstattung rückt die Nische in den Vordergrund. Die Streamingzahlen (z.B. 4,3 Millionen Zuschauer via Twitch vom Dienstag bis zum Freitag der ersten ELEAGUE-Woche) sind schon enorm hoch. Daher wird das TV-Angebot auch in der Zukunft weiterhin ergänzend zum Streaming laufen, denn die Plattform ist letztendlich nur so interessant wie auch die Zielgruppe relevant ist. Ob der Esport durch die Fernsehcoverage den Weg in den Mainstream der Gesellschaft schafft, weiß Christopher Flato aus der Sicht von ESL Deutschland zu beantworten: „Die Frage bei uns ist nicht, ob es passieren wird, sondern wann es passiert. Für uns ist der Esport der Sport der digitalen Generation. Die Demografie spielt uns da nur in die Karten. Nur ist die Frage, wann es soweit ist.“
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